Systemische Therapie & Familienaufstellungen

familie – ein haus voll von ganz laut unausgesprochenem

Daniel Fettner

Familien funktionieren nach ihren eigenen Spielregeln und nicht selten mit merkwürdigen familieninternen Bezügen. Jede Familie sehe ich als ein eigenes, individuelles System. Eine Familienaufstellung zeigt auf mit welchen unsichtbaren Bändern und Regeln eine Familie verbunden ist. Es wird sichtbar, wo und wie die natürliche Ordnung des Familiensystems gestört ist. Eine Familienaufstellung gibt uns auch die Möglichkeit mehr Freiheit innerhalb unseres Familiensystems zu leben. Es fühlt sich gut an ohne Verstrickungen und fremde Muster den eigenen Weg zu gehen.

 Systeme findet man überall. Sie wirken im Großen, wie im Kleinen, wie zB. im „Mikro- und Makrokosmos der Erde. Alles in einem Systemen hängt miteinander zusammen, läuft unbemerkt und meistens selbstverständlich ab. Systeme sind nie statisch, sondern auf Bewegung angewiesen um einen stabilen Zustand zu erreichen: Ausgleichsbewegungen sind deshalb notwendig. Jede Veränderung an einem Ort wirkt automatisch auf die übrigen Teile, als auch auf den Ausgangsort der Bewegung zurück, wie bei einem Mobile.

Ausgleichsbewegungen eines Systems

So wie die einzelnen Elemente eines Mobiles, so stehen auch die Mitglieder eines Familiensystems in Beziehung zueinander, in einem ununterbrochenen Prozess beeinflussen sie sich gegenseitig.
Wir sind nicht nur ein ICH sondern auch Kind einer Mutter und eines Vaters.
Wird ein Teil im Mobilè abgerissen, gleichen alle anderen Teile des Mobilés diesen Verlust aus. So ist das in jedem System, unabhängig davin ob wir uns das Ökosystem Wald, Ozean oder Familie anschauen. Alles ist miteinander verbunden.

Eine Familienaufstellung ist eine wunderbare und bewegende Methode, mit der wir diese unbewussten und oft schmerzhaften Ausgleichbewegungen von Familienmitgliedern sichtbar und erlebbar machen können: Wir sehen, erleben und fühlen, welche tieferen Dynamiken, Muster uns bestimmen. Endlich können wir endlich verstehen, wie das System uns als einen Teil bestimmt und geprägt hat.

Wenn die Familie beisammen ist, ist die Seele auf ihrem Platz.

Russisches Sprichwort

Wenn wir erkennen können, welchem unbewussten inneren Plan des Familiensystems wir folgen, dann sind wir auch in der Lage, ihn zu ändern, so dass er uns entweder dienlicher ist oder dass es uns einfacher wird zu akzeptieren, was ist.

Verständnis für die Menschen die vor uns waren, lässt auch die Liebe für uns selbst wieder fließen, schenkt uns inneren Frieden. Durch Selbst- und Fremdwahrnehmungen werden Aufstellungen zu spannende Entdeckungsreisen. Sie schenken uns Klarheit und eröffnen uns Räume, in denen wir inspiriert werden und Heilung finden können.

Meine Aufstellungsarbeit ist fließend, flexibel und dynamisch und orientiert sich am Anliegen des Klienten. Ich empfinde mich als Hebamme für die Lösungen, die aus dem System des Klienten ans Licht drängen.

Die Aufstellung in der Gruppe nutzt das Potential der anderen Menschen als mitfühlende Wesen, als Zeugen. Die Kraft der Gruppe kann viel offenbaren und machtvolle Bewegungen anstoßen. Ich persönlich bin immer sehr dankbar, weil mich die Aufstellungen in der Gruppe mit Demut an die tiefe innere Wahrheiten von uns Menschen erinnern: wir alle wollen gehört, gesehen, gehalten und geliebt werden und dazu gehören. Aber wir wollen uns auch als Individuen entwickeln und unsere Flügel entfalten.

Es gibt mehrere Möglichkeiten mit mir in Bezug auf das Familiensystem oder auf die berufliche Situation zu arbeiten:

 

 1. Einzelarbeit (Aufstellungen mit Platzhaltern) in meiner Praxis
2. Gruppenarbeit in meiner Praxis

Der eigene Weg

Was uns dabei hilft unseren eigenen Weg frei zu gehen:

  • Unterbrochenes  wieder zu verbinden
  • zu enge Verbindungen zu erkennen und eine neue Perspektive für das Eigene einzunehmen
  • Loslassen, was nicht meins ist (und jeder kehre vor seiner eigenen Tür…)
  • Ausgeschlossenes ins System zurück zu holen
  • „Das Nicht-Verzeihen loslassen“
  • einen guten eigenen Platz im System einnehmen (Familie, Beruf, Paar)
  • die Liebe fließen lassen

„Die Wahrheit ist etwas Schreckliches und Schönes zugleich und sollte daher mit großer Umsicht behandelt werden.“

Dumbledore in „Harry Potter“

Die inneren Ordnungen der Liebe

Soziale System, wie auch das Familiensystem, funktionieren nach den inneren Gesetzen von:
1. Zugehörigkeit / Bindung
2. Ordnung / Hierarchie
3. Ausgleich von Geben und Nehmen / Balance
4. Wie uns unser Gewissen steuert

Zugehörigkeit/Bindung

Jedes Mitglied gehört per Geburt  zu seinem Familiensystem dazu. Jedoch ist es nicht relevant, ob wir diese Familienmitglieder kennen oder nicht, ob sie tot oder lebendig sind. Jeder ist gleichwertig und gehört dazu.
Keinem darf das Recht auf Mitgliedschaft oder auf seinen Platz im Familiensystem streitig gemacht werden.
Alle brauchen ihren Platz im System in der Ordnung: Alle Familienmitglieder zählen dazu, natürlich die Großeltern, oft sind auch noch die Urgroßeltern wichtig; frühere Partner der Eltern oder Großeltern; natürlich gehören uneheliche Kinder dazu.
Manchmal gibt es eine starke Bindung zu Menschen außerhalb des Systems an die Familie, z.B. durch Mord oder „Soldatenehre“. Wichtig ist, dass Opfer und Täter durch die Tat zu dem jeweiligen System des anderen gehören und auch ihren Platz brauchen und gesehen werden müssen. Ansonsten müssen Leerstellen von Nachkommen der Familie gefüllt werden! Diese Menschen tragen dann Gefühle, seltsame Muster und Verhaltensweisen von jemand anderem. Ihnen fällt es dann schwer sie selbst zu sein, weil sie im System mit jemand anderem „identifiziert“ sind.

 

Ordnung

Der Platz in der Familie wird durch die Geburt bestimmt.
Die Rangfolge kennt jeder: „Wer zuerst kommt, malt zuerst“.
Die Eltern geben, die Kinder nehmen.
Eltern sollten sich wie Eltern benehmen und Kinder wie Kinder.
Jeder trägt seine eigenen Steine im Rucksack des Lebens.
Jeder kehre vor seiner eigenen Tür und mische sich nicht in die Belange und das Schicksal der anderen ein.„Ich trags für dich Mama“ – das bedeutet, dass gleich 2 Personen nicht mehr ihren angemessenen Platz einnehmen. Das Kind darf nicht mehr Kind sein, weil es die Rolle des Erwachsenen übernimmt. Hier kommt Thomas Winterhoff mit seinen Büchern ins Spiel, der dafür plädiert, dass Kinder wieder Kinder sein dürfen/müssen und Eltern dies mit unabgegrentem Verhalten verhindern: „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“  (Komischer Titel – SUPER Buch, erklärt, warum meine Tochter nicht meine beste Freundin ist und Kindern das auch nicht gut tut…)

 

Unser Gewissen

Die menschliche Gesellschaft ist von Normen, Regeln und Verhaltenskodizes geprägt. Diese sind kulturell und auch religiös sehr unterschiedlich. Sie gehören zu dem jeweiligen Land, Kulturkreis, der jeweiligen Schicht, Religion, unserer Familie und ihrem Clan und den Regeln, mit denen wir aufgewachsen sind. Diese Regeln werden in unser Bewusstsein eingraviert, es wird zu einem intrinsischen Teil unserer Persönlichkeit und wir glauben es ist „normal“ sich an diese Regeln zu halten. Unser Gewissen steuert das menschliche Zusammenleben und unser Verhalten wie ein innerer Polizist. Dieser sagt uns dann, ob wir uns so verhalten, dass es sozial konform und angepasst ist und gibt uns deutliche Hinweise, ob wir uns im Bereich von GUT („unschuldig“) oder doch im Bereich von BÖSE („schlechtes Gewissen“) bewegen.

Je mehr wir zu einer Gruppe gehören wollen, umso mehr müssen wir uns dem Verhaltenskodex dieser Gruppe unterordnen. Je mehr wir uns in Richtung Individualität bewegen wollen, umso mehr des „schlechten Gewissens“ müssen wir aushalten. Das persönliche Gewissen ist oft kein objektiver, guter Ratgeber. Mörder wurden von einem „rechten“ Gewissen und ihrer Überzeugung geleitet und wähnen sich noch heute im Recht. Andererseits können wir uns schuldig fühlen, wenn wir uns gegen etwas entscheiden, was alle anderen als Norm empfinden und wir selbst als Unrecht.

Familienbande

Familie bedeutet: alle stecken ihre Nasen in die Dinge der anderen.
Familie ist der Ort wo Neurosen entstehen. Osho hat mal zu seinen Schülern so etwas gesagt, wie: „Wenn du glaubst, du seist erleuchtet, dann verbringe eine Woche bei deinen Eltern…“
Die Lösung ist: gib den anderen Raum um ihren Schmerz zu fühlen und bleib bei dir. Niemand kann einem anderen Last abnehmen. Es hilft dem anderen nicht, sondern lässt beide leiden. Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder „Lasten“ für sie tragen. Aber oft will die Seele des Kindes mittragen, denn dies ist Ausdruck ihrer kindlichen Liebe und existenziellen Bindung an die Familie. Kinder sind durch Zugehörigkeit an ihre Eltern und deren Clan gebunden. Diese Zugehörigkeit bindet uns blind. Das spüren wir, wenn wir uns vom Clan wegbewegen. Es tut weh und ist eine biologische Kraft, die sehr stark ist.

Unser persönliches Gewissen

• bindet uns an unsere Familie und sichert das biologische Überleben
• es sorgt für das innere Barometer beim Ausgleich von Geben und Nehmen
• es wacht über die Regeln des Zusammenlebens (analog der 10 Gebote)

Das kollektive, systemisches Sippengewissen liegt noch eine Schicht tiefer. Dieser systemische 7. Sinn ist für uns im Alltag nicht spürbar, sondern wacht unbewußt über die Zugehörigkeit, Ordnung und den Ausgleich innerhalb des Systems. Sein Einfluss ist umso mächtiger, je unbewusster das Thema ist.
Über unsere Bindung an die Familie sind wir an Dinge in der Vergangenheit gebunden, auch wenn wir sie nicht kennen. Es geht nicht um die Geschichten, die erzählt wurden, sondern um die unsichtbaren Geschichten, die, die nicht erzählt wurden. Was wir nicht wissen, kann uns noch viel mehr beeinflussen, als das, was sichtbar ist.

Das Systemische Programm 

 Die Ausgleichsbewegungen innerhalb des Systems finden ebenfalls unbewusst statt. Sie können nicht über den Verstand beeinflusst oder gesteuert werden. Wir können allenfalls ihre Auswirkungen in Mustern und wiederkehrenden Familienthemen erkennen. Unser systemisches Programm läuft wie ein Trojaner (ich meine damit den Virus im Computer…) im Hintergrund unserer Existenz: wir wissen weder, dass das Programm existiert, noch haben wir Zugriff darauf, sondern spüren nur die Auswirkungen.
Wenn der systemische Sinn sich überhaupt ausdrückt, dann eher in einer intuitiven Haltung, als in wirklicher Kenntnis der systemischen Bedingungen.

Unser persönliches und systemisches Gewissen ist bemüht aIl diese Regeln des Zusammenlebens und des Familiensystems zugleich zu befolgen. Das ist Ausdruck der Bindung ans Familiensystem und birgt jede Menge inneres Konfliktpotential.

Schuld vs. Unschuld:
Die sich widersprechenden Gefühle von Schuld („schlechtes Gewissen, aber es fühlt sich doch so gut an“) und Unschuld („ich habe das doch so gemacht, wie Mama wollte, aber es fühlt sich blöd an…“) machen uns oft blind für unseren eigenen Lebensweg. Manchmal müssen wir uns auch entscheiden zwischen den Normen und Verhaltenskodizes verschiedener Gruppen, was der einen Gruppe ein hoher Wert ist, lehnt die andere ab.

Frei von systemischen Verstrickungen

Das schlechte Gewissen bindet uns an unser Familiensystem und ist ein eher soziales Phänomen. Um sich an übergeordneten Werten orientieren und ausrichten zu können, müssen wir bewusst werden für die persönlichen und systemischen Verstrickungen und Bindungen, die uns steuern. Eine Aufstellung kann diesen Prozess nur anstoßen. Sich befreien und den eigenen Weg gehen, das ist dann die persönliche Entwicklungsaufgabe.